Start war um 15 Uhr, wobei wir zunächst die Charaktere erschaffen mussten - meine Spieler hatten zum Glück schon sehr genaue Vorstellungen davon, was sie spielen wollten und hatten sich auch einige Gedanken dazu gemacht. Es handelt sich durchwegs um erfahrene Rollenspieler, wobei noch keiner von ihnen - mich eingeschlossen - Erfahrung mit Cthulhu hat. Aber es gibt ja für alles ein erstes Mal....
Die Erschaffung der Charaktere nahm insgesamt rund 2,5 Stunden in Anspruch, da wir mit vorerst fünf Spielern dem Gro?en Alten entgegentreten werden; in den nächsten Sitzungen werden noch zwei Spieler hinzukommen. Mein erstes Problem war, die Charaktere zusammenzuführen, da sie sich ja noch nicht kannten - dankenswerterweise machten die Spieler mir das sehr leicht, denn zwei Charaktere hatten im Krieg an der italienischen Front gekämpft, sodass hier schon eine erste Verbindung bestand. Die übrigen Charaktere habe ich kurzerhand in ein CafÚ am Kurfürstendamm beordert, das ich in einem Anflug von Poesie "Zur aufgehenden Sonne" getauft habe

Die ersten Recherchen verliefen dann nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte und gänzlich anders, als im Buch vorgegeben - der Pfarrer suchte das Gefängnis auf, um mit dem Betrunkenen zu sprechen, den ich aber kurzerhand in den Park verfrachtet hatte, wo unser Seelenhirte ihn schlie?lich auch aufstöbern konnte, jedoch ohne nennenswertes Ergebnis. Kein einziger Charakter kam auf die Idee, erste Recherchen in den Bibliotheken der Stadt oder an der Universität durchzuführen - ich musste die Charaktere also bis zum zweiten Treffen mit Helene beschäftigen. Also lie? ich die Gerichtsmedizinerin mit ihrem Chef sprechen, der ihr die Untersuchung der Leiche im Museum übertrug, woraufhin sich die gute Frau natürlich prompt zum Museum begab, sich eifrig Notizen machte und den Zeugen vernahm. Helenes Ex und der Offizier tauschten derweil bei dem einen oder anderen Espresso Kriegserinnerungen aus, während der Privatdetektiv beschloss, in seiner Agentur Däumchen zu drehen und abzuwarten. Der Pfarrer begab sich schlie?lich auch zum Museum, wo er auf die Gerichtsmedizinerin traf, die ihn erfolgreich davon abhalten konnte, den Tatort zu betreten.
Bis zum zweiten Treffen mit Helene wurde solcherart die Zeit totgeschlagen. Im Haus der Waldens stöberten die Charaktere dann brav im Zimmer des Professors und in seinem Arbeitszimmer herum; dabei fanden sie dann auch die Bücher, die ihnen durch Bibliotheksrecherche entgangen waren. Unsere Gerichtsmedizinerin befand daraufhin, es wäre eine gute Idee, die Staatsbibliothek aufzusuchen, wo sie unter anderem die Tsang Revelations fand, aber aufgrund mangelnder Englisch-Kenntnisse nicht lesen konnte. Zwar hatten die übrigen Charaktere Fremdsprachenkenntnisse, aber keiner war auf die Idee gekommen, Englisch zu wählen - im Endeffekt musste ein armer Bibliothekar das Buch lesen, und natürlich verlor der arme Kerl prompt einiges an gS und fing an, aus Geldscheinen Papierhütchen zu basteln *g*
Im Haus der Waldens verlief nicht alles nach Plan - einige Charaktere (Gerichtsmedizinerin, Privatdetektiv und Priester) beschlossen nämlich, zu Waldens Lagerhaus zu marschieren, nachdem sie die entsprechende Notiz gefunden hatten. Ich hatte meine liebe Mühe, sie davon abzuhalten, ins Lagerhaus einzudringen. Währenddessen hielt Helenes Ex Wache an ihrem Bett, sodass nur unser Offizier die Vision der angreifenden Tcho-Tcho mitbekam bzw. die riesige Spinne im Kamin. Ein Wurf auf die GE misslang ihm ebenso wie Helenes Ex, sodass beide halbwegs eingesponnen wurden. Erst als der ganze Spuk vorüber war, kehrte der Privatdetektiv zurück - die Gerichtsmedizinerin war auf dem Weg zu einer Party (die Spielerin hatte sich als "Hobby" Flapper ausgesucht), der Pfarrer zuhause. Beim Eintreffen der Polizei erklärten die Charaktere, was passiert war - intelligenterweise gaben sie an den Kommissar auch die Info über die Spinnen weiter, und erst als Helene vom Polizeiarzt geweckt worden war, konnten sie einer Verhaftung entgehen. Ich habe an dieser Stelle beschlossen, nett zu meinen Spielern zu sein und sie nicht gleich in den Knast werfen zu lassen...
Das Gespräch zwischen Kommissar und Polizist über den zweiten Mord bekam keiner der Charaktere mit, da keinem ein Wurf auf Horchen gelang. Sie waren aber so schlau, mit anderen Polizisten zu sprechen bzw. am nächsten Tag die Zeitung zu lesen, sodass sie über den zweiten Mord im Bilde waren. Unsere Gerichtsmedizinerin führte derweil eine Autopsie am ersten Mordopfer durch, der Privatdetektiv hatte im Haus der Waldens Gewebeproben von Spinne und Spinnweben sowie Blut gesammelt und diese zur Gerichtsmedizin gebracht - auch etwas, womit ich nicht gerechnet hatte

In der ersten Sitzung haben meine Spieler ziemlich viele Aktionen gesetzt, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet hatte, sodass ich sehr viel improvisieren musste - laut meinen Spielern hat man das aber überhaupt nicht gemerkt. Die Charaktere glaubten Helenes Ausführungen zu Sadowsky aufs Wort und wollen in der nächsten Sitzung den Professor aufsuchen, weil sie davon überzeugt sind, dass er der Bösewicht ist. Wir werden also in der nächsten Sitzung mit Sadowsky beschäftigt sein sowie mit diversen Laboranalysen, zu denen ich mir erst noch etwas ausdenken muss. Da es sich durchwegs um erfahrene Spieler handelt, ist nicht auszuschlie?en, dass wir bereits in der nächsten Sitzung zum Zwischenszenario gelangen; welches das sein wird, wei? ich noch nicht so genau, ich tendiere aber zu "Kerkerwelten".
Zu den Regeln: Als Spielleiterin nehme ich mir die Freiheit, die Regeln zu beugen bzw. zu kombinieren. Zur Erklärung: Wir haben zuvor ein System gespielt, das eine der Spielerinnen in jahrelanger Kleinstarbeit selbst entworfen hat und das in jedem Szenario spielbar ist; von den Regeln her ist es mit Cthulhu durchaus vergleichbar. Das Kampfsystem möchte ich daher, soweit möglich, aus diesem System übernehmen. Bisher war es noch nicht notwendig, alle Regeln anzuwenden, da noch keine Kämpfe stattgefunden haben; inwiefern das Kampfsystem von "Firelight" mit den doch sehr niedrigen Trefferpunkten in Cthulhu kompatibel ist, wird sich zeigen.
Fazit nach der ersten Runde: Den Spielern gefällt Cthulhu sehr gut, weil es mal was Anderes ist als die üblichen Fantasy-Szenarien mit fast übermächtigen Charakteren, die wir bisher gespielt haben. Mit meiner Leistung als Spielleiterin bin ich durchaus zufrieden, wenn man bedenkt, dass das eine Premiere für mich war, und auch von den Spielern kam durchwegs positives Feedback. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht
