Da ich gerade Zeit habe und zu diesem Abenteuer bisher kaum bis nichts gelesen habe, wollte ich euch mal unsere Spielerfahrung mit "Tag der Rache" aus dem "Grauen in Arkham"-Abenteuerband schildern, nach dessen Ereignissen es erst einmal richtig Richtung Ägypten gehen soll. Das Abenteuer spielt in einer alternativen Realität des Jahres 1928.
Nach dem Prolog (hier zu finden) geht unsere Ägyptenkampagne in die zweite Runde mit der Einführung der Spielercharaktere:
1. Solomon Krantz (ehemaliger Soldat, überzeugter Verfechter von Gerechtigkeit, pyrophob)
2. Daniel Plankett (reisefreudiger Arzt im St. Mary's, Fürsorger, bester Freund von Pierce und Jonny)
3. Pierce Gilman Upton (Familienvater, Expeditionsleiter, schlimmster Alptraum ist es einen seiner zahllosen Verwandte zu verlieren)
4. Jonny Klein (heruntergebrannter Spieler, süchtig nach dem Prinzip des Zufalls, kleptomanische Tendenzen wohnt zurzeit bei Pierce [zum Leidwesen von dessen Frau Alice])
Ein Besuch bei Nacht:
Anders als die vom Abenteuer vorgeschlagene Einführung habe ich mich für eine direkte Variante entschieden. Des Nachts hörte Jonny ein merkwürdiges Geräusch aus dem benachbarten Zimmer der senilen Nana Upton (Großmutter von Pierce), fürchtete sich aber zu sehr, um selber nachzuschauen. Er zerrte Pierce aus dem Bett und jagt Alice (Frau von Pierce) damit den Schreck ihres Lebens ein.
Im Zimmer von Nana sahen sie gerade noch einen jungen Unbekannten, der sich aus dem Fenster schlich. Heroisch intervenierte Jonny, bekam jedoch zur Belohnung einen heftigen und blutverspritzenden Schlag auf die Nase. Der Unbekannte konnte entkommen.
Provoziere vorher nie den Spielleiter mit Aussagen wie "An meinen Verwandten kann er sich ja austoben!":
Das Zimmer war komplett durchwühlt und in einer Sekunde grauenhafter Intensität erkannte Pierce unter dem Blumenkissen des Gästebetts seine im Schlaf erstickte Großmutter. In das Kissen wurde mit einem scharfen Gegenstand eine "1" geschnitten. Sein größter Alptraum hatte sich in Fleisch gefestigt und der apathische Pierce war nicht einmal mehr in der Lage, seinen besten Freund Daniel, den Arzt, der zufällig im Augenblick Nachtschicht hat, zu kontaktieren. Das übernahm Jonny für ihn. Weitere Untersuchungen im Zimmer führte die Erkenntnis zutage, dass der Einbrecher wohl etwas gesucht hat. Überall lagen die Bücher aus dem Regal verstreut.
Auf dem Tisch ließ sich ein Tagebuch eines Vorfahrens von Pierce finden und um den Schock irgendwie zu verarbeiten, machte sich das Trio nun auf, den Mörder von Nana zu finden.
Recherchen und Zeitungsberichte:
Erst jetzt händigte ich den Spielern die Zeitungsberichte über die beiden Studenten Richard und Atwater aus, denn Jonny konnte sich genauestens an das Gesicht des Eindringlings erinnern (auch wenn Alice ihn als einen Spinner abtut).
An der Tür gabelten sie noch Krantz auf, der durch seine Kenntnisse des Arabischen bereits vorher Bekanntschaft mit Pierce und co. gemacht hatte (insgesamt planen die drei nämlich eine Reise in das Land am Nil), und machten sich auf, einige Recherchen bezüglich der Erkenntnisse aus dem Tagebuch von Pierce Vorfahren anzustellen.
Lustigerweise wurden die Zeitungsberichte durch meinen selbst ersonnenen Einstieg zunächst weitestgehend ignoriert (ein 2. Zeitungsbericht beschrieb übrigens auch noch den Ausbruch Henry Atwaters aus dem Sanatorium, der durch meine Verschiebung der Ereignisse etwas früher angesetzt worden ist).
Doch auch im Sanatorium wurde zumindest versucht, eine Spur zu finden, was jedoch aus Personalmangel (einer der Top-Therapeuten war ein früherer Charakter eines Spielers und ist von einem Tag auf dem anderen in sein eigenes Abenteuer aufgebrochen und nie mehr zurückgekehrt), Hektik und ärztlicher Schweigepflicht genau Null Aufschluss bot.
Da aber die Charaktere so manche neue Spur in der Gesellschaft für Geschichte gefunden hatten, war das weniger ein Problem. Tatsächlich ergab sich eine arge Vermutung, wer das nächste Opfer sein mochte ...
Ein grausamer Tatort:
Die Charaktere kamen gerade bei dem Haus des nächsten vermeintlichen Opfers an, als sie voller Entsetzen feststellen mussten, dass der Mord bereits verübt worden war. Fette Fliegen klatschten gegen die Fensterscheiben, die Decke und die Wände und am Boden räkelten sich die Maden um den aufgefressenen Leichnam des Opfers. Natürlich vermuten die Spieler, dass der Mord bereits viel früher passiert sein musste, doch das von Maden bedeckte Stück Papier mit der Zahl "2" und die Aussage eines Nachbarn, das er das Opfer gestern noch zu Gesicht bekommen hatte, gaben ihnen zu denken.
Nachdem die Polizei den Tatort betreten hatten und Polizeibeauftrakter Dingby um den Finger gewickelt worden war, konnten die Charaktere feststellen, dass ein weiteres Mal die Bibliothek Ziel des Mörders gewesen sein musste.
"Da war doch noch diese Brücke":
Die Untersuchung der Hexenbrücke stand nun an der Tagesordnung, doch waren die Spieler aus früheren Erfahrungen mit Wasser und Schwimmen zu verängstigt, zu dem Pfeiler zu schwimmen. Die Bruchstücke des Symbols, dass den Hexenmeister Bishop dort 200 Jahre gefangen gehalten haben soll, wurde somit nicht entdeckt und zusammengesetzt.
Doch die Vermutungen der Spieler wurden in soweit bestärkt, dass sie den Hohlraum erkannten und Spuren eines Blitzes fanden. Immerhin etwas.
Etwas enttäuscht von dem Verlauf der Recherchen und Aktionen des Tages kehrten alle zu ihren Häuslichkeiten zurück, wo Pierce eine ordentliche Standpauke von Alice zu erwarten hatte.
Ein neuer Tag und ganz viele neue Ideen:
Das Team teilte sich auf und während zwei weitere Nachforschungen über die Hexenprozesse in Arkham uvm. anstellten, gingen zwei endlich der Spur des Campingplatzes der beiden Studenten nach.
Dort angekommen, fielen sofort die vielen Krähen auf, die auf der Sandbank krächzten und pickten und in Daniels Verstand stiegen direkt üble Vorahnungen auf. Unter dem Sand buddellten sie zunächst die vom gestrigen Regen zutage gespülte Leiche Richards aus und wurden beinahe zu Tode erschreckt, als eine schwarze Hand nach Daniels Fußgelenk griff. Der Schreck verflog jedoch schnell bei den zu hörenden Hilferufen von unter der Leiche und so förderten sie die kohlige Gestalt ans Tageslicht, in der Atwaters Geist nun gefangen war. Auf diese Verknüpfungen kamen die Spieler vor allem recht schnell, weil Körpertausch nicht gerade zum ersten Mal Thema unserer Kampagnen gewesen war (weswegen ich mich auch lange vor diesem Abenteuer gescheut hatte).
Durch die Nachforschungen war der Aufenthaltsort Bishops nicht länger ein Rätsel wie auch das Haus seines Kollegen Russel, doch war den Spielern durch die vielen Quellen bewusst geworden, dass das Buch von Bishop ebenfalls von zentraler Bedeutung war.
Ein überraschender Todesfall und das Gefühl von Einsamkeit:
Neugebildete Teams trennten sich in zwei Kategorien auf: 1. mehr über das Testament des Carnamagos (jenes Buch) herausfinden; 2. Bishops Haus durchsuchen.
Recherchen bezüglich des Buches in der Orne-Bibliothek, an der glücklicherweise Pierce nicht ganz fremd war, ließ leider kein Herz höher schlagen, denn in den gemeinen Bücherlisten ließ sich nichts finden und Armitage (der Inhaber des Schlüssels zur verbotenenen Abteilung) war erkrankt. Doch durch Pierce unschlagbaren Charme ließ sich der Vertreter erweichen, die Adresse rauszurücken.
Im Haus angekommen, mussten sie leider feststellen, dass Armitage, diese arme, alte Seele, auf brutalste Art und Weise misshandelt worden war. Am Boden war mit dem Schlaginstrument (einem Schürhaken) eine "4" geritzt worden (oh Schreck!). Ganz umsonst sollte das Ganze aber nicht sein und dank des Wissens, dass Armitage eine Vorliebe für Geheimfächer besaß, konnte zumindest der Schlüssel gefunden werden.
In der verbotenenen Abteilung war jedoch nichts heraus zu kriegen als das schelmische Grinsen des Spielleiters über das Vertrödeln der Zeit ...
Währenddessen durchsuchte das Bishops-Haus-Team munter das alte Gemäuer und kamen zu der Erkenntnis, dass Bishop tatsächlich kürzlich dort gewesen sein musste. Als sie gerade im Obergeschoss suchten, hörten sie von unten das Geräusch eines Eindringlings. Jonny, Meister sich irgendwo wegzustehlen, schlich sich an und konnte beinahe Bishop im Körper Atwaters überraschen, doch ein verräterisches Geräusch schreckte diesen auf, der daraufhin in seinem Geheimgang verschwand.
Die beiden eilten hinterher und wurden volle Breitseite von der Steinfalle überrascht. Halb tot lag Jonny nun auf der Seite außerhalb und der noch viel mehr im Eimer befindliche Solomon lag sterbend auf der anderen Seite und hielt sich den wohl für immer kaputten Arm. Viele Stunden der Schmerzen und Pein später kam Jonny wieder zur Besinnung und kroch gen Straße. Solomon blieb zunächst an Ort und Stelle (er hatte furchtbare Angst vor dem Feuerschein der Fackeln am anderen Ende des Ganges).
Ungefähr zu dem Zeitpunkt als das andere Team die Recherchen abgeschlossen hatte, eilten auch sie zu Bishops Haus, denn der vorher vereinbarte Zeitpunkt war längst überschritten. Dort fanden sie den tödlich verletzten Jonny, ließen ihn ins Krankenhaus bringen und verständigten die Feuerwehr, dass der Weg zum Tunnel nicht länger versperrt war.
Doch Solomon konnte nicht länger warten und zwang sich zur Erkundung der Katakomben. Er fand das Testament des Carnamagos im Arbeitszimmer Bishops und auch sein Experiment. Fast den Verstand verlierend, schleppte er sich unaufhörlich arabisch und hebräisch brabbelnd weiter den Tunnel hinunter, nicht aber bevor er in dem Buch unter einem Wachssiegel die verbotenen Worte "Exklopius Quachil Uttaus" gelesen hatte. Der überall zu findene Staub ließ einige der anwesenden Spieler schaudern, die bereits in einer vorherigen Kampagne Bekanntschaft mit dem Zertreter des Staubes gemacht hatten.
Unten angekommen traf er auf Bishop und das Finale entbrannte (im wahrsten Sinne des Wortes ). Trotz seiner Muskelkraft konnte Solomon sich unter der Magie Bishops nicht mehr bewegen. Ironischerweise zauberte Bishop seinen Feuerzauber und so fand auch Solomon sich in seinem ärgsten Alptraum wieder, nämlich bei lebendigen Leibe verbrennend. Ach wie das Schicksal sich manchmal fügt ...
Der Mut der Verzweiflung brachte den um seinen Charakter bangenden Spieler dazu, die verbotenen Worte hinauszurufen, wodurch Bishops Pakt zu dem Zertreter gebrochen wurde. Er zerfiel zu Staub, während Solomon durch Quachil Uttaus neue Kraft gespeist bekam.
Die anderen Charaktere (außer Jonny) hatten entschlossen, zu Russels Haus zu gehen (dem Freund Bishops aus alten Zeiten), hatten sich aber lange Zeit nicht getraut in das Haus einzubrechen (sie glaubten, Solomon würde auf sie warten und wäre nicht unbedingt in Gefahr). Doch nun hielt sie nichts mehr. Sie fanden das dort lebende Ehepaar frisch ermordet vor und öffneten den ähnlichen Geheimgang. Trotz aller Eile war die "Aktion" bereits vorbei, als sie in die untere Höhle kamen. Ein Streit über das Buch entbrannte (Pierce wollte es seiner Bibliothek zuführen, die anderen wollten so ein Teufelswerk vernichten). Der halb wahnsinnige Solomon schlug Pierce einmal ins Gesicht und schon war das Buch bereit, zu verbrennen.
Im Krankenhaus:
Letzte Dinge wurden augetauscht, Solomon entschuldigte sich für seine Grobheit bei Pierce. Die aufgebrachte Alice drohte mit einer Trennung und dennoch wirkte es trotz der wirklich üblen physischen und psychischen Verletzungen so, als wäre es doch besser gelaufen als gedacht.
Fazit:
Mir gefiel das Abenteuer sehr gut und besonders hervorheben möchte ich die interessanten Tatorte und die hervorragenden Verknüpfungen zu "Der Fall Charles Dexter Ward" (denn mit dem Zauberer aus der Geschichte schien, einem Brief zu entnehmen, Bishop Kontakt gehabt zu haben).
Das Feedback war sehr positiv (besonders gelobt wurde der Fliegen/Maden-Tatort, da meine Beschreibungen, laut einem Spieler, perfekt zu der heftigen Hintergrundmusik gepasst haben sollen und auch der Mythoshintergrund wurde sehr positiv aufgenommen), doch hatte ich das Gefühl, die Recherchenparts waren doch ein wenig zu üppig und meine Spieler hatten sich beizeiten etwas ungünstig aufgeteilt, sodass manche einige längere Zeitperioden nichts machen konnten, als zuzuschauen.
Eine weitere Problematik sind die Tatorte, die meine Spieler bestimmt alle gerne zu Gesicht bekommen hätten, was aber ohne die entsprechenden Kontakte kaum möglich sein dürfte. Die Durchschnittsgruppe mag somit das meiste leider nur aus der Zeitung zu erfahren ... Das ist schade, war bei meiner Gruppe dank gutem Timing aber kein Problem.
Ich kann nur jedem empfehlen, den Einstieg so persönlich zu gestalten, wie ich es versucht habe. Es war in jedem Fall besser als ein stinkiger Zeitungsbericht und hat kaum bis gar keine Nachteile. Denkt an den Sog der Gefühle oder so!
Ich hoffe, einige ziehen nun vielleicht in Erwägung, das meiner Meinung nach doch ein wenig zu Unrecht verurteilte "Grauen aus Arkham" herauszukramen und diesem Abenteuer eine Chance zu geben. Mit wenigen Modifikationen lässt sich damit einiges anstellen!
Da hiermit ohnehin meine halbe Kampagne in Spielberichtform existiert, werde ich mit größter Wahrscheinlichkeit auch noch die beiden anderen geplanten Abenteuer ("Ankh" und "Untot am Nil", beide aus dem Ägypten-Band) mit Spielbericht ausstatten, sobald die gespielt sind. Hoffentlich nicht ganz vergeblich, sodass es einigen anderen auch hilft, die Abenteuer selber zu spielen.
Für Fragen, Anmerkungen etc. stehe ich gerne zur Verfügung!
Bald geht es nach Ägypten!
Für alle, die es bis hierher geschafft haben, schöne Grüße
Blackdiablo
Edit: Anmerkungen der Spieler
Bei Rücksprache mit meinen Spielern ist herausgekommen, dass ich zwei Kleinigkeiten, die aber nicht ganz unwichtig sein dürften, in diesem Spielbericht (der schließlich zu einer Kette von einer ganzen Kampagne gehören wird) vergessen habe. Das möchte ich hiermit nachholen:
1. Jonny Kleins Charakterzusammenfassung habe ich vergessen hinzuzufügen, dass er kleptomanische Tendenzen aufweist, auf grund derer er ...
2. ... während des Abenteuers mit Solomon Krantz in arge Konflikte geraten ist, da er ihm bei der Fahrt mit dem Auto unbemerkt eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach geklaut hat. Nicht ganz so unbemerkt hat er sie jedoch, als sie ironischerweise wirklich gebraucht wurde, wieder zurückgesteckt. Insofern sind die beiden nicht ganz so gut aufeinander zu sprechen, was ja durchaus in späteren Abenteuern noch von Belang werden könnte.
Edit (2):
Hier geht es für geneigte Leser zum nächsten Abenteuer nach Ägypten.
Bearbeitet von Blackdiablo, 01. August 2014 - 12:17 .