Aulus Terentius Murena
- Ankunft im Hafen von Ostia-
Der Wind streicht sanft über das Mittelmeer. Das blaue Meer, nicht dieses lebensfeindliche grau der nördlichen und westlichen Meere deren Winde und Wasser den Tod brachten als wären sie der Menschen auf ihnen überdrüssig, ungezähmt wie das Land das sie umspülten, kalt und unnahbar wie die Menschen die es erzog, grausam und stark wie die Krieger die es meisterten und doch keines Volkes Untertan. Wie hatte ein alter Zenturio mal gesagt, das Land und die See sind Neutral, Kälte beißt Freund wie Feind, Wasser ertränkt alle diejenigen die meinen sich mit den Fluten messen zu können und macht keinen Unterschied, keine Gnade wird erbeten oder gewährt.
Wie lieblich waren dagegen doch die herrlichen blauen Wasser seiner Heimat. Sanfte Wellen umschmeichelten den Rumpf der Galeere und ihr brechen mischte sich unter das regelmäßige Eintauchen der Ruder in das Wasser. Die Takellage knarzte und hin und wieder blähte sich das Segel unter einer Bö und half den Ruderern unter seinen Füßen das Schiff hin zu seinem Bestimmungsort zu bringen. Ab und zu durchbrachen Tümmler die Wasseroberfläche, sie spielten mit dem Schiff und dem Fahrwasser.
Der Geruch nach Salz, nassem Holz und Tau lag in der Luft, so ganz anders als der erdige Geruch des Landes in dem er zuletzt gedient hatte. Die Kräftigen Hände von Aulus verkrampften sich um die Rehling als er an das Land zurückdachte aus dem er gekommen, oder besser gesagt entkommen war. Unwirklich, kalt, ungastlich wie die Menschen. Der Stolz Roms war daran zerbrochen, sein Stolz war daran zerbrochen. So weit der Arm der Zivilisation auch reichen mochte dort oben im hohen Norden blieb nur ein blutiger Stumpf den die Barbaren umschwärmten wie Fliegen eine Wunde. Wild, unbändig, fast empfand er so etwas wie Bewunderung für den Feind aber die vielen Gefallenen Freunde, Kameraden und Menschen die er mochte überlagerten die Bewunderung, zerstörten das Bild des ehernen Feindes und ließen nur den Antlitz der Bestie zurück gegen den er gekämpft hatte. Die ihn in seinen Fängen hatte und der er doch entkommen war, aber was er gesehen hatte, was er getan hatte hätte keinem Mann an Leib und Seele unbeschadet gelassen nur die Pflicht stand über allem, dem Pegasus zu dienen, zu überleben komme was da wolle und überlebt hatte er ad honorem Augusta.
Aulus war anfang dreißig, kein junger Legionär mehr und ihn schön zu nennen wäre so vermessen als würde ein Blinder den Sonnenaufgang des heutigen Tages beschreiben wollen. So wie sich ein Blinder vielleicht an einen Sonnenaufgang erinnerte, erinnerte sich Aulus Körper an die einstige Schönheit, aber das Soldatenleben hatten seinen ewigen Tribut gefordert. Tiefe Furchen im Gesicht und eingesunkene Augen zeugen von Entbehrung und Last, das Gesicht ist hart und der Blick noch härter. Ein Spiegel der Seele die Entbehrungen, Leiden und den Tod gesehen hat. Kräftige Beine und Arme ein Fassartiger Körper und vernarbte Hände deren schwielige, kräftige Finger zum Teil mehrfach gebrochen waren jedoch noch immer zupacken können wie Schraubstöcke sind Zeugen dessen was sich in den Augen spiegelt. Der Tod war die letzten Jahre sein Geschäft und ständiger Begleiter. Nicht aus Unterhaltung heraus, dort oben in den Dunklen Wäldern und nebeligen Hochmooren gab es keinen Beifall, keinen Ruhm und keine Ehre man musste werden wie das Land selbst, das Tier einlassen und hatte man der Bestie Tür und Tor geöffnete wurden man den Schatten nie wieder los der auf einem lastete. Das unterschied die Eindringlinge von den Einheimischen, wir mussten erst lernen uns dem Tier hinzugeben, sie waren damit geboren worden.
Aber das alles lag jetzt hinter ihm, die Seefahrt hatte einen Schleier aus beginnendem Vergessen über die Vergangenheit gelegt, wie dicht der Schleier war würde sich aber noch zeigen müssen.
Bald schon tauchte am Horizont die Küste auf, die weißen Sandstrände und dort an der Tibermündung lag sie die Hafenstadt Ostia die ehemalige Sicherung Roms hatte sich über die Jahrhunderte zu einer bevölkerungsreichen Großstadt entwickelt. Hier sollte er sich melden im Castrum, zurück aus Britannica, zurück auf heiligem römischen Boden.
Über ihm kreischten die Möwen, jetzt wo das Land näher kam waren sie die Boten der Zivilisation, genau wie die kleinen Fischerboote die in den Wassern und Strömungen der Tibermündung den Fang des Tages einholten. Die Gebäude der Stadt erhoben sich aus den umliegenden flachen Land und hinter der Stadt zogen Vogelschwärme über die Salinen und den Sumpf der weite Teile der Stadt umgab. Die Luft flimmerte in der Sonne über dem Horizont und verzerrte den Blick auf die Ebenen. Ostia die Rivalin für Alexandria und Karthago, zum Erfolg verdammt. Eine Stadt in der das Leben pulsierte, Gerber, Seilmacher, Schiffbauer und Händler, der Rachen Roms wie es hieß, hier landet das Getreide an das aus Afrika kam um die Hauptstadt des Weltreiches zu nähren.
Nicht mal eine Stunde später betrat Aulus Terentius Murena das erste mal seit Wochen wieder festen Boden, er trug die Kleidung eines Legionärs der Legio II Augustus samt Marschgepäck. Das Wappen, der Pegasus, war auf der Rüstung verewigt. Eigentlich hatte Aulus den Vorsatz gehegt sich auf die Ankunft zu freuen, aber nach der langen Seefahrt verabscheute er die Hafenstadt um so mehr, das Tier in ihm lechzte nach der wilden Freiheit und der guten, erdigen Luft der dunklen Wälder und Moore.
Ostia jedoch war wie der Schoß einer alten Metze, zu viele Galeeren hatten in ihrem Becken geankert und sie stank nach Fisch.
Bearbeitet von -TIE-, 25. Juni 2015 - 22:30 .