Hintergrund Steve „the Cleave“ Smith
Wie alle Jungs meines Alters aus dem Eastend1 träumte ich davon dem allgegenwärtigem Elend der Sozialbauten zu entgehen und wie bei den meisten beinhaltete dieser Traum eine Karriere als Profisportler.2 Die riesigen Gehälter, der swag und das blingbling hatten eine geradezu magische Anziehungskraft auf uns.
Ein Traum wie ihn hunderttausende Heranwachsende, Hauer wie Spargel gleichermaßen, hatten. Ein Traum der nur bei einem von hunderttausend in Erfüllung geht.
In meiner `Hood3 ging er für mich in Erfüllung.
Meine massige Gestalt als Stierköpfiger Trogg machte mich zum Naturtalent für die meisten rauheren Sportarten. Und die Gelegenheiten bei denen ich nicht als erster in eine der Hinterhofmannschaften gewählt wurde kann ich vermutlich an einer Hand abzählen. Aufgrund meines schnellen Wachstums spielte ich schon bald nicht mehr mit gleichaltrigen. Die Berufung in diverse Senior-Sportsteams meine Public Highschool folgten bald.
Aufgrund meiner „selbst für einen Troll ehrfurchtgebietenden physicality“, wie es die Sports Today ausdrückte erhielt ich dann ein Stipendium am All-Saints-College of Wheeler4. Nicht nur dank meiner genetischen Anlagen sondern vor allem durch Disziplin und hartem Training war ich dem Traum einer Karriere als Profisportler einen großen Schritt näher gekommen. Und zum ersten Mal kam ich aus meiner `Hood raus. Das College bedeutete eine große Umstellung und eine gewaltige Herausforderung, auch und vor allem jenseits des Platzes.
Meine Coaches waren meistens begeistert von meinen Fähigkeiten und meinem intuitiven Verständnis für Taktik und Spielsituationen. Und da die Offiziellen der Universität möglichst viel für ihr Geld5 bekommen wollten wurde ich in so ziemlich jeder Sportart an den Start geschickt. Im Focus standen dabei vor allem die populären und prestigeträchtigen Mannschaftssportarten. Allen voran Football und Basketball. Wir waren auch ganz erfolgreich in unserer Conference6. Doch mit den Division-I Teams konnten wir nicht mal ansatzweise mithalten und so schieden wir meist schon in den ersten Runden der Nationalchampionships in diesen Sportarten aus. Doch im Arena Lacrosse7 haben wir richtig gerockt und nicht nur unsere Conference gewonnen sondern auch das National Championship Game. Zwei Mal.
Da wundert es wohl nicht, dass ich mich von Semester zu Semester immer mehr auf diesen Sport konzentrierte. Denn als Mitglied eines Division-II Teams wären meine Chancen im Draft lediglich minimal gewesen.
Als der Draft-Day kam erwartete ich den erlösenden Anruf der mich in meine goldene Zukunft führen sollte. Doch er kam nicht. Team für Team war „on the clock“8, Runde für Runde kam und ging. Und das Telefon blieb stumm.
Der Morgen danach brachte die Mutter aller Kater mit sich. Nach einer drei Jahre andauernden, rauschenden Party folgte ein jähes Erwachen. Ich war am Boden zerstört. Doch nicht nur ich war tief enttäuscht und stellte mir die Frage nach dem Warum. Ähnliche Fragen stellten sich Sportjournalisten, -blogger und Mefeeder überall in den Matrix-Sportfeeds9 und in Sportsbars überall im Land.10
Mit der Zeit kristallisierte sich die Meinung heraus, dass die Kombination aus kleinem Division-II College und nicht näher spezifizierten character issues mir beim Draft das Genick brach.
Für einen kurzen Moment war ich versucht aufzugeben und die Blades an den Nagel zu hängen. Doch die Aussicht auf ein Leben hinter irgendeinem Schreibtisch als Zahlenschubser war deutlich schlimmer als der Kater. So kämpfte ich mich in den folgenden Monaten durch Try-Out um Try-Out während ich mich mit diversen Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Hätte mein Collegetrainer mich in der Zeit nicht einfach weiter betreut und mich mit der Mannschaft trainieren lassen, ich hätte womöglich aufgegeben.
Eines Tages dann, stand so ein feiner Konzernpinkel auf meiner Matte, 5000¥ Anzug, echtleder Schuhe und alles. Mit einem Angebot „zu Gut um wahr zu sein“, wie er sagte. Im Nachhinein war das wohl das ehrlichste was er mir jemals gesagt hat.
Aber ich greife vorweg. Mr. Konzernpinkel jedenfalls kam von EVO‘s Medien & Entertainment Abteilung. EVO hatte kurz zuvor11 die Minnesota Minotaurs12 erworben und suchte nun nach einem jungen, unverbrauchten Spieler den sie zum Gesicht des Franchise machen könnten. Das mit dem Gesicht meine ich wörtlich, man wollte mich vor allem weil ich ein Minotaure bin. Nicht meiner physischen Stärke wegen oder aufgrund meines intuitiven Spielverständnisses. Natürlich war ich deswegen zunächst enttäuscht. Doch ich dachte mir „zur Hölle, warum sollte das Erscheinungsbild nur den Spargeln helfen aus dem Elend zu entkommen?“ Sobald ich einmal in der Arena stünde würde ich schon allen zeigen, dass ich deutlich mehr konnte als meine Stierhörner freundlich lächelnd in die Kameras zu halten.
Ich bekam also endlich meine goldene Gelegenheit auf die ich so sehnsüchtig gewartet und für die ich so hart gearbeitet hatte. Und ich nahm sie beim Schopf und gab alles. Im Training wie auch im Spiel. Meine Rookie Season war mehr als nur gut und so wählte man mich auch ins Shooting-Stars-Team13 gewählt.
Das Front Office14 entschied mein Profil, durch eine Leistungssteigerung durch Implantate noch weiter zu schärfen. Diese Entscheidung war es die ein paar Monate später in der Offseason zu jenem tragischen „unglücklichen Missverständnis“ führen sollte.
Nach der ‚erfolgreichen‘ ambulanten OP entließen mich die Ärzte und gaben mir Medikamente mit falls ich unter Nebenwirkungen zu leiden hätte. Kurz darauf begannen diese auch schon mit sich langsam steigernden Kopfschmerzen und einem zunächst leichten Muskelzittern. Ich tat wie geheißen und nahm die verschriebenen Medikamente ein.
Was genau an diesem Abend danach passierte weiß ich bis heute nicht. Doch sowohl meine Verlobte als auch ich landeten im Krankenhaus. Sie mit mehreren Brüchen und Schnitten auf der Intensivstation und ich sediert und an mein Krankenbett gekettet in Isolation.
Der Zivilrechtsprozess indem ich mich für meine Übergriffe verantworten sollte sprach mich schlussendlich zwar frei, aber mein Name war zu dem Zeitpunkt schon wochenlang von den Medien durch den Schmutz gezogen worden. EVO distanzierte sich öffentlich von mir und meinem brutalen Verhalten und bestritt jegliche Kenntnis meiner Implantat-OP. In Folge des ganzen Medienwirbels sperrte mich die Liga für die nächsten X Spiele und untersagte mir nicht nur mit der Mannschaft zu trainieren, sondern sogar irgendwelche (Trainings-)Einrichtungen der Mannschaft in Anspruch zu nehmen.
Mit einem Mal war das süße Leben vorbei und EVOs Bataillon von Anwälten präsentierte mir die Rechnung bzw. das Kleingedruckte. Mein recht ansehnliches Gehalt wurde auf ein lächerlich niedriges Grundgehalt runtergesetzt, welches nicht mal reichte um über die Runden zu kommen, da ich nun meinen Status als spielberechtigter Spieler eingebüßt hatte. Und da man seitens EVO kein Risiko eingehen wollte stellte man mir auch gleich die implantierte `ware in Rechnung, da ich nicht das Minimum von 3 Seasons abgeleistet hatte. Praktisch über Nacht musste ich alle Annehmlichkeiten meines Lebens als Sportstar veräußern um meine Gläubiger zu bedienen.
Mein Muscle Car, meine Loft-Wohnung, meine „Baseballkarten-Sammlung“. Einfach alles. Ich machte mich auf und davon. Setzte mich in den Flieger, ließ Minneapolis hinter mir und schlüpfte im nächstbesten Sprawl unter. In der Hoffnung, dass man mein Gesicht nicht an jeder Ecke erkennen würde.
Was ist ''Arena Lacrosse'':
Eine nicht näher ausgearbeitete Vollkontaktsportart welche die Fertigkeiten des Charakters im Umgang mit gewissen „Waffen“ erklärt.
Rein vom crunch des Charakterkonzepts ist hier die Frage
Ich habe zu Arena Lacrosse zwar schon ein wenig was zusammen geschrieben, würde hier aber nicht hinpassen.
1Eastend ein generischer Platzhalter für eine runtergekommene Unterschicht-Gegend
2Zumeist Football oder Basketball, des hohen Prestiges, der fürstlichen Gehälter und des hohen Medieninteresses wegen.
3`Hood = Neighbourhood, ugs. für Nachbarschaft mit der Konotation Ghetto
4Fiktives, mittelmäßiges College irgendwo in der Pampa
5Natürlich wurde er nicht bezahlt, doch umfasste das Stipendium neben der kostenlosen Bildung auch Unterkunft und Verpflegung
6Kompliziertes und undurchsichtiges Liga und Rating System der NCAA
7Platzhalter einer fiktiven Teamsportart: Vollkontaktsport mit starken Anleihen aus dem Eishockey und Lacrosse sowie einigen Elementen aus Basketball und Mesoamerikanischem Ballspiel
8Ausdruck dafür beim Draft dran zu sein um einen Nachwuchsspieler auszuwählen
10Vielleicht eine blöde Verletzung in seiner Senior-Season?
11Nach dem Draft. Was eher ungewöhnlich sein dürfte, aber wenn ein Megakon das Portemonnaie zückt und die Muskeln spielen lässt dürfte so ziemlich nichts unmöglich sein.
12Frei erfundener Teamname, damit es zu seinem Metatypus passt. Hier ginge auch vieles andere wie bspw. Giants, Titans, Sasquatches, Nightmares, Broncos, Colts, Mustangs, Stalliions, Bulls, Rams ...
13Rookie Auswahlmannschaft
14Management des Franchise: CEO, Executive Vicepresident of Lacrosse Operations und andere