Vorwort: meine bisherigen PnP Erfahrungen waren alles in allem recht durchwachsen. Nach ersten Gehversuchen in DSA noch zu Schulzeiten, folgten Ausflüge in diverse Systeme. Da aber irgendwie alle Spielgruppen immer nur sehr kurzlebig waren, war PnP schließlich für über 10 Jahre gar kein Thema mehr. Ende letzten Jahres habe ich dann meine Brettspielgruppe mit dem Vorschlag konfrontiert, Cthulhu als PnP auszuprobieren. Wir sind da also alle noch recht grün hinter den Ohren, vor allem ich als SL
Wir hatten gerade mit den Davenport Chroniken angefangen, als der Abenteuerband "Geschlossene Räume" veröffentlicht wurde. Besonders fasziniert von "20 Räume" habe ich dann beschlossen, das Abenteuer in die Chroniken mit einzubinden. Beides spielt in den 20ern und "20 Räume" ist bei der Wahl der zu bespielenden Stadt auch sehr frei, lässt sich also wunderbar mit einbauen.
Teil 1:
An Spielercharakteren haben wir Neal und seinen Sohn Miles, so wie Neals zweite Frau Coco Davenport und deren Halbschwester Paula Wolf. Neal ist von Beruf Anwalt und lädt, auf Empfehlung eines Mandaten, die Familie ins "Te Basilika" ein und man genießt einen gemütlichen Abend bei gutbürgerlicher Deutscher Küche. Das eigenwillige Verhalten von Kellnerin Mary, die Küche nur sehr vorsichtig zu betreten, wird von den Damen am Tisch zwar wahrgenommen, es traut sich aber niemand, die Kellnerin darauf anzusprechen. Bei einem Gang zur Toilette schnappt sich Neal eine aktuelle Tageszeitung und liest von der grassierenden Welle an Komapatienten und macht das nach seiner Rückkehr an den Tisch direkt zum Gesprächsthema. Mary schnappt das Gespräch im Vorbeigehen mit auf und erzählt so gleich ganz betrübt, dass ja der Sohn ihres Chefs ebenfalls seit etlichen Jahren aus unerfindlichen Gründen im Koma liegt. Am Ende bekommt schließlich Neal die Rechnung überreicht und ist der einzige, der von den Kritzeleien auf der Rückseite zunächst keine Notiz nimmt. Darauf angesprochen, tut Mary das als nervösen Tick des Küchenchefs ab ("Der braucht was, um seine Finger zu beschäftigen, seit er mit dem Rauchen aufgehört hat.").
Meine Spieler starten direkt in wilde Spekulationen über die Bedeutung der Symbole. Ist das ein Stein oder Hügel? Oder ein Tunnel? Ah, ein Kreuz. Der Himmel! Ein Mensch über Wasser. Ein Pfeil, oder doch eine Tanne? Ein Tannenpfeil! Während ich dem Gespräch amüsiert lausche, wird aus den gewählten Symbolen auch mal schnell die Kreuzigung und Wiederauferstehung Christi konstruiert...
Paula, die in unserer Runde jedem noch so kleinen Detail okkulte Bedeutungen beimessen möchte, nimmt die Rechnung an sich (passenderweise wird Paula von meiner Frau gespielt, die im Vorfeld schon für mich auswürfeln durfte, welche Symbole auf der Rechnung landen). Da keiner die Möglichkeit in Betracht zieht, mit dem Küchenchef noch persönlich ein Wort zu wechseln, tritt man den Heimweg an. Schließlich wartet der Chauffeur der Davenports schon draußen und bei den ersten Familienmitgliedern macht sich erste Müdigkeit breit. Zurück zuhause suchen auch so gleich alle ihre Betten auf.
Am nächsten Morgen lasse ich alle ziemlich verkatert wach werden und beschreibe, was auf den ersten Blick nicht stimmt. Miles beobachtet beim wach werden eine schwarze Katze, die sein Zimmer durch das offene Fenster verlässt. Bei Paula ist die Scheibe eingeschlagen und die Schränke durchwühlt. Neal schwört Mark und Bein, dass er ins Bett gegangen war, wird aber umgeben von zerschlagenen Möbeln in seiner Bibliothek wach. Cocos spitzer Schrei (der Beginn eines rundeninternen Running Gags) lockt schließlich alle in ihr Schlafzimmer, da statt ihres Mannes nur ein blutiges Kissen neben ihr im Bett liegt. Auf dem Weg zu ihr, reißt Paula eine schwarze Katzenstatue von einem Tischchen im Flur. Es kann sich nur keiner daran erinnern, diese Statue jemals besessen zu haben. Auf den ersten Schreck fängt sich Neal erst mal eine von seiner Frau, bis die Erleichterung überwiegt, dass er scheinbar doch unversehrt ist.
In jedem Fall dämmert es der Familie, dass hier irgendwas nicht in Ordnung ist. Das Telefon ist tot, in der Küche laben sich Ratten an Essensresten auf dem Boden. Von den Bediensteten fehlt ebenso jede Spur, wie von den familieneigenen Schusswaffen. Nach intensiver Suche findet man immerhin zwei Baseballschläger. Auf Grund des eingeschlagenen Fensters in Paulas Zimmer, glaubt die Familie aktuell noch an einen Einbruch. Miles möchte sich draußen nach Einbruchsspuren umsehen, scheitert aber an der Haustür. Erst mit Hilfe seines Vaters gelingt es ihm, das Haus zu verlassen und muss feststellen, dass sowohl die Tür als auch sämtliche Fenster im Erdgeschoss von außen mit Brettern zugenagelt wurden. Da recht eindringlich die Frage aufkommt, ob es eine aktuelle Zeitung gibt, lass ich die Gruppe eine alte Zeitung auf der Veranda finden. Mehr als eine Jahreszahl (1914, das Jahr, in dem in unserer Runde Marvin ins Koma gefallen ist) lässt sich aber nicht erkennen. Was zu Spekulationen führt, ob die Familie oder doch nur die Zeitung durch die Zeit gereist sind. Oder ob das schlampige Hauspersonal es geschafft hat, 13 Jahre lang eine alte Zeitung auf der Veranda zu übersehen
Während Miles noch nach Spuren im Garten sucht, beschließt der Rest, zur Polizei fahren zu wollen, das Telefon ist ja tot, das Auto versagt aber den Dienst. Noch während Neal vergeblich versucht, das Auto zu starten, steht irgendwann wie aus dem Nichts ein muskulöser Fremder mit Holzfälleraxt neben der Fahrertür und fängt kurze Zeit später an, wie ein Irrer mit seiner Axt auf die Motorhaube des Wagens einzuschlagen. Die Familie flüchtet daraufhin erst mal zurück ins Haus. Der Axtschwinger lässt schließlich irgendwann vom Auto ab und zieht von dannen.
Nachdem die Familie wieder vereint ist, begibt man sich gemeinsam zum Haus des Nachbarn. Paula würde am liebsten direkt ins Haus stürmen, aber man verständigt sich darauf, erst mal zu klopfen. Der Nachbar öffnet schließlich und bittet die Familie rein. Während er in der Küche verschwindet, testet man das Telefon im Wohnzimmer, das aber auch hier ohne Funktion ist. Der Nachbar kommt schließlich mit einer Weinflasche in der Hand zurück und zieht diese Neal über den Schädel, was eine üble Platzwunde zur Folge hat. Der Nachbar hat augenscheinlich keine Erinnerung daran, die Familie hereingebeten zu haben und hält sie für Einbrecher. Gemeinsam gelingt es aber, den Mann zu überwältigen. Der Versuch, den Nachbarn zu verhören, scheitert an dessen verwirrten Geisteszustand. Immerhin lässt sich hier in der Küche ein Messer auftreiben, bevor man sich zu Fuß zur Polizei aufmachen möchte.
Unterwegs fällt der Gruppe schließlich auf, dass ihnen die Umgebung zwar durchaus vertraut ist, offensichtlich aber die Anordnung der Häuser und der Verlauf der Straße nicht dem gewohnten Bild entspricht. Auf der Straße verharrt Neal dann kurzzeitig und durchlebt als erster einen Tagtraum, in dem er Marvin beim Einbruch in das Hexenhaus und dessen Begegnung mit der Hexe beobachtet. Von seiner Familie auf seine Geistesabwesenheit angesprochen, erzählt er von seiner Vision. Während sie der Straße folgen, sehen sie in einiger Entfernung einen offensichtlich verwirrten in grauem Overall und Zwangsjacke, der schreiend auf sie zu läuft. Nach einer längeren Debatte ("Der soll nur kommen, den schubs ich um.") machen einfach nur alle einen Schritt zu Seite und lassen den Irren unbehelligt passieren. Ein flüchtiger Blick auf dessen Kleidung offenbart das Logo des ST. JONA'S SANATORIUM FÜR DIE GEISTIG VERWIRRTEN. Unter normalen Bedingungen wäre man sich einig, dass der Irre einen verdammt langen weg gelaufen sein muss, um es vom Sanatorium in die Nähe des Hauses Davenport zu schaffen. Von normalen Bedingungen geht aber keiner mehr aus.
In der Polizeistation kommt es zur Begegnung mit dem bissigen Mädchen und dessen Wärter. Nach der überstandenen Konfrontation durchlebt Miles den zweiten Traum und beobachtet einen Mann, der ein Haus nach Büchern und Papieren durchsucht. Da niemand das Gespräch mit dem Küchenchef gesucht hat, bleibt erstmal unklar, um wen es sich bei dem Herren handelt. Es werden aber Wortfetzen aus Selbstgesprächen aufgeschnappt, dass er scheinbar einen Weg sucht, seinen Sohn zu retten. Im darauf folgenden Austausch mit der Gruppe wird anhand der Beschreibung klar, dass Miles vom selben Haus geträumt haben muss wie sein Vater.
Zurück auf der Straße folgt eine Begegnung mit dem Kult des Feuergottes. Umzingelt von den 12 Kultisten stimmt die komplette Familie geistesgegenwärtig in die Deus Igni Gesänge mit ein, worauf hin der Kult das Interesse an ihnen verliert und das nächstbeste Haus in Brand setzt. Währenddessen kann die Familie sich davon stehlen. Coco durchläuft den dritten Traum und beobachtet den Vater beim brauen des Schlaftrankes und findet die entführten Kinder im Keller, bevor die Gruppe im Krankenhaus ihre Wunden versorgen lassen möchte. Eine Behandlung durch Doktor Dolor wird angesichts seines mit Blut bespritzten Kittels abgelehnt, was zu einem weiteren Handgemenge führt. Die Gruppe macht sich im Anschluss noch auf die Suche nach Patientenakten, schließlich sei man ja in einem Krankenhaus und hier findet sich doch bestimmt ein Patient mit Namen Marvin. Trotz aller bisherigen Widrigkeiten, klammern sich scheinbar alle noch an den Gedanken, in der realen Welt zu wandern. Den Verdacht, dass sich die Investigatoren selbst eigentlich auch in einem komatösem Tiefschlaf befänden, hat bisher noch niemand geäußert. Also erfülle ich ihnen den Wunsch und improvisiere kurzerhand eine Szene, in der die Gruppe Marvin im sonst leeren Krankenhaus im Bett im Koma vorfindet, mit einem Stift in der Hand, mit dem er im Schlaf die Symbole auf ein Blatt Papier malt.
Zu guter letzt wird Paula in ihrer Vision Zeugin, wie Paarmann die Gäste im Te Basilika vergiftet, bevor das Finale des Abends auf dem Marktplatz eingeläutet wird. Mein Plan steht fest. Mindestens einer soll sterben und das so skurril wie möglich. Den Anfang macht das Katapult. Trotz eines Fertigkeitswertes von 70% schafft Coco als einzige ihren Ausweichenwurf nicht, der Aufprall des heranfliegenden Bären verursacht aber nur 4 Schadenspunkte, weshalb ich sie mit einem Beinbruch davonkommen lasse. Der darauffolgende Regen aus Lemmingen bleibt bis auf ein paar Schrammen ohne weitere Folgen, bevor Neal von einem Tentakel aus dem Kinderwagen am Hals in die Luft gerissen wird. Da er das Stärke-Kräftemessen verliert, lass ich ihn kurzerhand mit einem Genickbruch aus dem Leben treten. Die in graue Overalls gekleidete Menschenmasse auf dem Marktplatz formiert derweil einen enger werdenden Kreis um die Gruppe, der einzige verbleibende Ausweg führt in das Sanatorium. Auf dem Weg dahin, versuchen Miles und Paula noch Neals Leichnam zu bergen, in der Hoffnung, dass er doch noch zu retten ist. Derweil schleppt sich Coco mit ihrem gebrochenen Bein, gestützt auf einen der Baseballschläger zum Sanatorium. Zum Abschluss lass ich noch das Auto vom Himmel fallen. Diesmal schafft Coco als einzige ihren Ausweichenwurf, trotz Strafwürfeln, während der Rest ihrer Familie unter dem Auto zerquetscht wird. Mit letzter Kraft rettet sie sich in das Gebäude, bevor es ihr schwarz vor Augen wird. Damit endet der erste Spielabend.
Bearbeitet von JohnSmith, 07. März 2021 - 19:53 .